Hexenhaus in Hinteressach Textquellen |
12.03.2004 Schwäbische zeitung http://www.schwaebische.de/home_artikel,-_arid,1071873.html Phantastischer Figuren-Zauberer NEUKIRCH - Sein Hexenhäusle in Hinteressach hat ihn überlebt, bleibt Magnet für Jung und Alt aus nah und fern. Die Rede ist von Melchior Setz (1904 bis 1989), dem Holzschnitzer und Hinterglasmaler. Unerschöpfbar sprudelten seine Einfälle, hintergründig war sein Humor. Heute vor 100 Jahren wurde er in Zwiefalten geboren. Von unserer Mitarbeiterin Gisela Linder An vielem zwischen Himmel und Erde, wovon sich unsere Schulweisheit nichts träumen lässt, hatte Melchior Setz Anteil als tiefsinniger Spintisierer und fabulierfreudiger Augenmensch, als urwüchsiger Künstler. So wuchs diesem Bildhauer und Maler wie von selbst seine eigene Figurenwelt zu, bevölkert mit Geistern und Hexen, Kobolden und allerlei Zwitterwesen zwischen Mensch und Tier. Auch für Poesie war Raum in der Welt des Melchior Setz, das illustriert vor allem seine Hinterglasmalerei: Traumlandschaften, für die ihm heimische Gefilde Modell standen und Phantastisches, Visionen, in denen die Farben blühen, glühen und feurig sprühen oder in denen sich jäh auch Abgründiges menschlicher Existenz auftut. Zeitlebens hatte er große Vorliebe für ferne Kulturen, für alles Volkskundliche. Aus dem Schmelztiegel des Exotischen sog seine Phantasie Nahrung. Und wer sich zu des Künstlers Lebzeiten dem Hexenhäusle näherte, der glaubte, sich angesichts der riesigen, bunt bemalten Skulpturen in eine ferne Welt und Zeit versetzt, durch die phantastische Figurenwelt, die Melchior Setz auf der Wiese rund ums Haus inszeniert hatte. 1933 war er mit seiner Frau hergezogen, hatte das Haus mit immer neuen Schnitzereien geschmückt und immer neuen monumentalen Figuren umringt. Jener riesige Totempfahl, der einst den Hausfirst um etliche Meter überragte, ist inzwischen so morsch geworden, dass er aus Sicherheitsgründen entsorgt wurde von den jetzigen Bewohnern, der Familie eines Sohnes vom nachbarlichen Bauernhof, zu dessen Grundbesitz auch das durch Melchior Setz zur Touristenattraktion gemachte Hexenhäusle, ein Gesamtkunstwerk, gehört. Nach der Volksschulzeit in seiner Geburtsstadt Zwiefalten, wo Melchior Setz unter einer großen Geschwisterschar aufwuchs, ging er bei einem Kirchenmaler in die Lehre. Danach packte den Gesellen das Fernweh. Seit er im Hexenhäusle Heimat hatte, blieb er ein unermüdlich tätiger Künstler: solange es die Gesundheit zuließ vor allem Bildhauer, später traten die hochbegehrten Hinterglasbilder in den Vordergrund. Und der viele Jahre von Krankheit und großen Schmerzen Heimgesuchte schrieb an seinen langjährigen Freund in den letzten Jahren: "Das Peinlichste ist für mich, dass ich lange nicht mehr alle Wünsche erfüllen kann, welche Leute an mich stellen. So tröste ich mich damit, dass ich wenigstens von Arbeitslosigkeit nicht geplagt bin. Bescheidenheit ist eine Stütze fürs Alter." Zu Lebzeiten hat der Künstler auch im berühmten Folkwang-Museum ausgestellt und 1985 noch in Neukirch, zu dem der zwei Kilometer entfernte Teilort Hinteressach gehört. Neukirch liegt jeweils 15 Kilometer von Wangen, Tettnang und Ravensburg entfernt. Das "Hexentröpfle" und die schärfere Variante dieses Schnapses mit von Melchior Setz gemalten Etiketten, die "Essachluft", wird weiter auf dem Nachbarhof gebrannt. Die Feuerwehr richtet jeden Juli das Hexenfest aus, so wie's zu Lebzeiten von Melchior Setz gewollt war.} Die Bewohnerin des Hexahäusles von Melchior Setz präsentiert einen Originalbesen des verstorbenen Künstlers. Auf dem Kopf trägt sie dabei einen "Kischdlesgoischd", eine von vielen von Setz geschaffenen Masken aus Holzkisten. SZ-Foto: Roland Rasemann |
http://www.sonntag-aktuell.de/media_fast/756/bayern.271592.pdf
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