Sicherungskopie der "Freien von Eglofs" auf der Seite Eglofs

Die Freien von Eglofs,

demokratische Tradition im Allgäu

 
1.   Eglofs wird 1243 reichsunmittelbar

  

Im Jahre 817 findet sich der Name Egilolf in einer Schenkungsurkunde, der damit Eglofs seinen Namen gibt. 1243 kauft Kaiser Friedrich II. von Hartmann von Grüningen die Grafschaft Eglofs im Alpgau und die Burg Eglofs mit den dazugehörigen Leuten, Gütern und Rechten für 3200 Mark Silber. Von dieser Kaufsumme übernehmen die Eglofser selbst 1000 Mark, eine Summe, die das Zehnfache ist, was das Kloster St. Gallen an Reichssteuern aufbringt. Das entspricht damals dem Gegenwert der Herrschaftsrechte über 40 Dörfer oder dem von 10 000 Doppelzentnern Getreide. Dies lässt auf

 

eine schon frühe selbstbewusste Stellung der Eglofser Bauern schließen. 

Unmittelbar dem Reich zu unterstehen bedeutet, keinem Fürsten, Adeligen, Bischof oder Abt aus der Gegend untertan zu sein. "Lieber an Kaiser weit vom Schuss in Sizilien als an Grafe en Riedlinge oder gar d'Wangemer" (aus dem historischen Spiel von 1982). 

Damit erreichen die Eglofser Bauern einen Zuwachs an politischer Freiheit, wie sie bisher nur die Bauern von Uri und im Tale der Schwyz in der heutigen Schweiz besitzen.

     

 
Der Kaiseradler, Zeichen der Reichsunmittelbarkeit
 
2. Eglofs erhält 1282 die Rechte der Stadt Lindau

Rudolfus dei gratia Romanorum rex semper augustus, Universis sacri imperii romanifidelibus praesentes litteras inspecturis gratiam suam et omne bonum, dum ad utilitates et commoda fidelium ....... (Latein)

 

Die Kaiserurkunde von 1282

 

Mit diesem Privileg, das kein bäuerlicher Verband im ganzen Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation besitzt, erhalten die Eglofser weitere demokratische Freiheiten: die Güter sind frei und sollen bei den bäuerlichen Familien bleiben. Eglofs besitzt dazu ein eigenes Gericht, das von den

 

Bürgern bestimmt wird. Auch das freie Holzbezugsrecht der Bürger ist damit verbunden. König Albrecht versichert im Jahre 1300 diese Rechte mit dem Begriff "Freie", den sonst im Allgäu, Oberschwaben, ja im ganzen Reich niemand hat. 

 

 

 

Eingeschlossen in dieses Stadtrecht waren auch alle zum Verband der Eglofser gehörenden Familien außerhalb des Ortes Eglofs und seiner Pfarrei. Das waren die Freien im "Oberen Sturz" (Steuerbezirk) um Immenstadt und im "Unteren Sturz" um Missen.

Die Urkunde von 1282 macht die Eglofser Bauern nicht nur zu Bürgern, sondern auch zu Bürgern einer Stadt: "Cives oppidi in Megelholfs". Damit unterscheidet sie nur das Fehlen einer Stadtmauer von den Reichsstädten. Nicht einmal Schwyz kann  

 

dieses Vorrecht, Städter zu sein, für sich beanspruchen. Wer "Jahr und Tag" hier lebt, wird ebenfalls frei.
 

In den oberitalienischen und deutschen Städten entwickelt sich die Selbstverwaltung immer stärker. Räte und Richter werden von Bürgern besetzt, der Bürgermeister wird ebenfalls gewählt. Was die Reichsstädte, auch Wangen und Isny, im 14. Jahrhundert erst erreichen, besitzen die Eglofser aufgrund der königlichen Privilegien schon seit 1282. 


Stellung anderer Bauern im Mittelalter
bis zur Bauernbefreiung im 19. Jahrhundert
   

Das Lehenswesen bestimmt das Leben der meisten Bauern im Reiche, das als gottgegeben begründet wird: Gott hat driu Leben erschaffen, gebure, ritter und die pfaffen." Der Bauer arbeitet für die Ritter, die ihn und die Geistlichkeit schützen sollen, und für die Priester, die sich um sein Seelenheil kümmern. Hof und Land sind nicht Eigentum des Bauern, sondern sie sind ihm vom Grundherrn geliehen. Dafür muss der Lehensbauer hohe Abgaben leisten, den Feldzehnt, den Blutzehnt, Grundzins, die Kopfsteuer und andere Abgaben zu

 

bestimmten Festtagen. Dazu kommen unbezahlte Arbeitsleistungen bis zu vier Tagen in der Woche für den Herren, die Fronen. Der Bauer und seine Familie sind unfrei, sie sind als „Hörige“ Eigentum des Adeligen oder des Klosters. Dadurch konnten sie weder von ihrem Wohnort wegziehen, noch ohne Genehmigung heiraten. Beim Tod des Bauern musste das beste Stück Vieh im Stalle (Besthaupt) und das beste Kleidungsstück, das „Bestgwand“ abgegeben werden. Gericht über sie hielt der Grundherr.
 




Unfreie Bauern bei der Fronarbeit
 

3. Eine Freie Republik Eglofs? 
     



aus: Kissling, Peter: Freie Bauern und bäuerliche Bürger. Eglofs im Spätmittelalter und in der Frühneuzeit
(bibliotheca academia Verlag, Epfendorf 2006)


4. Einschränkungen der Freiheiten
durch die Pfandherren 

   

Zwar hatte der Kaiser 1243 den Eglofsern zugesagt, sie nicht weiter veräußern zu wollen, doch waren diese Versprechungen aus Geldmangel von den folgenden Königen und Kaisern gebrochen worden. Sie verkauften das Recht, die Reichssteuern beziehen zu dürfen, an verschiedene Herren (s. Wappen am Gasthaus zur „Rose“), d.h. die Eglofser wurden verpfändet.

 

Ab dem 16. Jahrhundert verlieren die Eglofser einige ihrer Rechte. Die weite Zerstreuung der Bürger schwächte ihren Zusammenhalt, der in den Städten besser zu erhalten ist. Manche Freie ziehen in die benachbarten Reichsstädte, um besseren äußeren Schutz zu genießen. Mit immer stärkerer Einflussnahme streben die umgebenden Herrschaften ein zusammenhängendes Territorium an. So geht in den Stürzen die Gerichtsbarkeit an die Herrschaften über. Kinder von Frauen aus anderen Herrschaften in Ehen mit Freien werden unfrei. Die eigenen Pfandherren schmälern ebenfalls die Rechte der Freien, vor allem unter der Pfandherrschaft von Wangen. Versammlungen dürfen nur noch mit deren Genehmigung stattfinden. Im Gericht führen nun die Pfandherren den Vorsitz. Zwei Tage Fron, also unbezahlte 

 

Arbeit, für die Wangener kommen dazu.

 

Im Bauernkrieg 1525 werden die republikanischen Rechte der freien Bauern von Eglofs und der Leutkircher Heide in die Artikel der Bauern mit aufgenommen. Die Eglofser brennen dabei das Schloss und das Pfarrhaus nieder, die Zeichen der Herrschaft von Wangen sind, und erstürmen im Zusammenhang mit dem Allgäuer Haufen die Burgen Siggen und Neideck, bleiben aber sonst ruhig. Doch werden diese freiheitlichen Aufstände der anderen unfreien Bauern von den Herren mit Gewalt niedergeschlagen. 

 

Das Freigericht für die Eglofser Freien aber bleibt auf dem Buch bei Schönau bis 1805, auch wenn der Vogt von Eglofs als Vertreter der Pfandherren die Versammlung führt. 1756 bauen die Eglofser prunkvoll ihre Pfarrkirche um und zeigen ihren Stolz im prächtigen Barockbau wie andernorts die Adeligen oder die Kirche. Die Abgaben an die Pfandherren bleiben weit unter denen der anderen unfreien Bauern. Noch darf er sich „ein Frei“ nennen. Auch ohne die Französische Revolution weiß man in Eglofs noch von demokratischer Freiheit und Gleichheit.


5. Der Osterwald, ein Beweis des
Jahrhunderte langen Ringens um die Freiheit 
 
   

Mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation unter Napoleon gehen auch die hoheitlichen Rechte des Pfandherrn von Windisch-Graetz 1806 an das Königreich Württemberg über. In einem jahrzehntelangen Streit mit dem Fürsten um das uralte Holznutzungsrecht der Freien wird den    Holzgenossen“ der 240 ha große „Osterwald“ im Osten von Eglofs schließlich als genossenschaftliches Eigentum zuerkannt. Der "Westerwald" im Westen geht in fürstlichen Besitz über. Noch heute haben knapp 100 Familien aus Eglofs Teil an diesem Beweis des Jahrhunderte langen Ringens um die Freiheit.
 


6. Ohne Eglofs kein Allgäu

     

Der Begriff des Allgäus hat sich im Laufe der Jahrhunderte teilweise über verschiedene Landstriche erstreckt. Im Zentrum blieb aber stets das Gebiet, das von den Eglofser Freien bewohnt wurde. Es reichte von Hindelang, Oberstdorf im    Süden, Möggers im Westen bis etwa zur heutigen nördlichen Grenze von Argenbühl im Norden. Mit ihrer Selbstbehauptung konnte schließlich der Name der Grafschaft Eglofs im Alpgau auch als geografischer Landschaftsname Allgäu fortleben.

  weitere Literatur


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